Langfristige Gesundheitsrisiken

Die biologische Uhr synchronisiert alle zentralen und peripheren physiologischen Funktionen

Das zirkadiane Zeitsystem ist hierarchisch gegliedert und reicht bis auf die zelluläre Ebene. Der SCN im Hypothalamus ist der zentrale oszillatorische Schrittmacher und synchronisiert untergeordnete Schrittmacher in Organen und Geweben über neurale, endokrine und metabolische Signalwege. Diese wiederum kontrollieren und modulieren autonome Oszillationen der einzelnen Zellen.1-3 Die zirkadiane Koordination der physiologischen Rhythmen und des Verhaltens in Synchronisation mit dem 24-Stundentag sorgt für eine metabolische Homöostase und eine optimale Organfunktion in Anpassung an die Erfordernisse der jeweiligen Tageszeit. 4 Praktisch alle physiologischen Funktionen unterliegen einer zirkadianen Rhythmik (Abb.1).

 
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Abbildung 1: Zirkadiane physiologische Funktionen

 
Der Tag kann in zwei charakteristische Phasen unterteilt werden: Aktivität/Nahrungsaufnahme und Ruhe/Fasten. Tagsüber werden die aufgenommenen Nährstoffe metabolisch verarbeitet und sorgen für die notwendige Energie für die verschiedensten Körperfunktionen. Nachts werden gespeicherte Energie und Substrate verbraucht, um die Homöostase aufrechtzuerhalten und es finden Regenerationsprozesse statt. Diese Rhythmen werden sowohl antizipiert und dazu notwendige Funktionen vorab angeworfen und es erfolgen auch Adaptionen an Fluktuationen des jeweiligen Bedarfs.4,5 Die funktionelle Integrität des SCN und die Synchronisation mit dem 24-Stundentag tragen zur Gesundheit, zum Wohlbefinden und zur kognitiven und physischen Leistungsfähigkeit bei.6

 

Eine fehlende Synchronisation mit dem 24-Stundentag kann neben Schlafstörungen weitere Gesundheitsstörungen verursachen

Adäquater Schlaf ist eine essenzielle Voraussetzung für die Gesundheit.3 Eine optimale Schlafqualität wird nur erreicht, wenn der Schlaf in der biologischen Nacht stattfindet, d.h. in der Zeit, die durch Freisetzung von endogenem Melatonin gekennzeichnet ist.7 Wenn der Schlaf außerhalb dieser Zeit erfolgt, sind die Schlafdauer, das Timing und die Schlafqualität beeinträchtigt und die Patienten leiden unter Tagesschläfrigkeit, Leistungs- und Stimmungseinbrüchen.8 Eine häufige Verschiebung der Schlafenszeit (z.B. als Folge von Schichtarbeit oder einer Nicht-Synchronisation der endogenen Uhr mit dem 24-Stundentag wie bei Non-24) kann erhebliche Schlafstörungen mit sich bringen. Die Schlafstörung bzw. die fehlende Harmonisierung der zirkadianen Rhythmen mit dem Tagesablauf können weitere metabolische Beeinträchtigungen nach sich ziehen und u.a. das Risiko von Adipositas, Diabetes, psychischen Erkrankungen und kardiovaskulären Erkrankungen erhöhen.9-12

 

Referenzen:

1. Dibner C et al. The mammalian circadian timing system: organization and coordination of central and peripheral clocks. Ann Rev Physiol 2010;72:517-549.
2. Albrecht U. Timing to perfection: the biology of central and peripheral circadian clocks. Neuron 2012;74:246-60.
3. Ray S & Reddy AB. Cross-talk between circadian clocks, sleep-wake cycles, and metabolic networks: dispelling the darkness. Bioessays 2016;38:394-405.
4. Kalsbeek A et al. Circadian control of glucose metabolism. Mol Metab 2014;3:372-383.
5. McGinnis GR & Young ME. Circadian regulation of metabolic homeostasis: causes and consequences. Nature Sci Sleep 2016;8:163-180.
6. Ramkisoensing A & Meijer JH. Synchronization of biological clock neurons by light and peripheral feedback systems promotes circadian rhythms and health. Front Neurol 2015 Jun 5;6:128. doi: 10.3389/fneur.2015.00128.
7. Czeisler CA & Gooley JJ. Sleep and circadian rhythms in humans. Cold Spring Harb Symp Quant Biol 2007;72:579-597.
8. Uchiyama M & Lockley SW. Non-24-hour sleep-wake rhythm disorder in sighted and blind patients. Sleep Med Clin 2015;10:495-516.
9. Wulff K et al. Sleep and circadian rhythm disruption in psychiatric and neurodegenerative disease. Nat Rev Neurosci 2010;11:589-599.
10. Kim TW et al. The impact of sleep and circadian disturbance on hormones and metabolism. Int J Endocrinol 2015: 591729. doi: 10.1155/2015/591729. Epub 2015 Mar 11.
11. Covassin N & Singh P. Sleep duration and cardiovascular disease risk: epidemiologic and experimental evidence. Sleep Med Clin 2016;11:81-89.
12. Esquirol Y. Shift work and cardiovascular risk factors: new knowledge from the past decade. Arch Cardiovasc Dis 2011;104:636-68.