Symptomatik

Schlaf-Wach-Zeitprobleme treten beim Versuch der Anpassung an das soziale Tag-Nacht-Schema auf

Die meisten blinden Menschen mit Non-24 versuchen, ihren Tagesablauf entgegen ihrem endogenen Rhythmus an den sozialen 24-Stundentag anzupassen, d.h. sie gehen regelmäßig abends ins Bett und stehen morgens auf. Da es für diese Menschen allerdings nicht möglich ist, ihre innere Uhr völlig zu ignorieren, schlafen sie häufig schlecht ein, schlafen nicht durch, sind sehr früh wach oder wachen nur sehr schwer auf und fallen dann tagsüber immer wieder in den Schlaf.1

 

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Abbildung 1: Schlafverhalten eines Non-24 Patienten mit willentlicher Anpassung seines Schlaf-Wach-Rhythmus an den 24-Stundentag.2 Melatonin-Peak* gemessen anhand der Urin-Konzentration des Hauptmetaboliten 6-Sulfatoxymelatonin.

 
Abbildung 1 zeigt das Schlafmuster eines Patienten mit Non-24, der versucht, einen Schlaf-Wach-Rhythmus dem Umgebungstag entsprechend aufrecht zu erhalten. Die zirkadiane Periode dieses Patienten, d.h. die Länge seines biologischen Tages, wurde durch mehrfache Messungen der Urin-Konzentration eines Melatonin-Metaboliten in 48-stündigen seriellen Urin-Sammelperioden bestimmt.2 Der rote Stern markiert den Peak des endogenen Melatonins und zeigt damit ungefähr die Mitte seiner biologischen Nacht an. Der Melatonin-Peak dieses Patienten ist nicht fixiert auf die Umgebungsnacht, sondern wandert im Verlauf der Tage über den Tag hinweg, bis er nach mehreren Wochen wieder ungefähr am Ausgangszeitpunkt steht. Die zirkadiane Periode dieses Patienten wurde mit dieser Methode auf 24,5 Stunden bestimmt und seine Zykluslänge auf 48 Tage.2 Im gezeigten Doppel-Rasterplot werden die jeweiligen Folgetage einmal vertikal und einmal horizontal aufgetragen, um die Verschiebungen über den Tag optisch besser verfolgen zu können.

Ein optimaler und erholsamer Schlaf ist nur dann möglich, wenn die biologische Nacht parallel zur Umgebungsnacht liegt.1,2 Abbildung 1 zeigt, dass in Zeiten, in denen der Melatonin-Peak nicht in der Umgebungsnacht sondern tagsüber auftritt, der Nachtschlaf (violette Linien) reduziert ist und sich die Schlafepisoden tagsüber (gelbe Linien) häufen, d.h. dass eine vollständige Anpassung an den sozialen Tag nicht möglich ist.

 

Die Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen sind komplex und können die Lebensqualität beeinflussen

Die Symptomatik von Non-24 ist zyklisch und kann bei den einzelnen Patienten unterschiedlich ausgeprägt sein. Der zyklische Verlauf (weniger Symptome bei Parallelität von biologischer und Umgebungsnacht, mehr Symptome bei Nicht-Parallelität) ist vor allem bei Patienten mit zirkadianen Perioden nahe an 24,0 Stunden und nur geringen täglichen Verschiebungen schwer zu erkennen. Bei ihnen handelt es sich um lange Zyklen mit mehrmonatiger Dauer der Schlafstörungen.3

Die typischen Hauptsymptome sind:1,4-6

  • Einschlafprobleme, Schlaflosigkeit und häufiges Aufwachen nachts
  • Schlechte Schlafqualität, nicht erholsamer Schlaf
  • Schwierigkeiten, morgens wach zu werden bzw. sehr frühes Aufwachen
  • Extreme Müdigkeit tagsüber
  • Unfreiwilliges Einschlafen tagsüber, häufige Nickerchen
  • Sich schlecht fühlen, depressive Stimmung
  • Mangelnde Konzentrationsfähigkeit
  • Geringere Leistungsfähigkeit

Schlafstörungen und eine ausgeprägte Tagesschläfrigkeit können viele Folgen für die tägliche Funktionsfähigkeit und die Lebensqualität nach sich ziehen:

Eine nicht adäquate Gesamtschlafzeit und die Nicht-Synchronisierung zirkadianer Rhythmen sind die bedeutendsten Ursachen für menschliche Fehler am Arbeitsplatz.7 Personen mit Schlafstörungen und Schlafdefiziten sind weniger konzentriert, die Produktivität ist vermindert und sie fehlen häufiger am Arbeitsplatz.8,9 Sie zeigen in objektiven Messungen eine schlechtere Reaktionszeit und schlechtere Gedächtnisleistungen.10,11 Insgesamt wird sowohl die physische als auch die mentale Lebensqualität beeinträchtigt.12

Die Non-24 Symptomatik kann, zumindest in den Zeiten, in denen die biologische Uhr nicht in der gleichen Phase wie die Umgebung ist, die Funktionsfähigkeit im sozialen, beruflichen und auch anderem Rahmen beeinträchtigen.4 Aufmerksamkeit, Stimmung und Leistungsfähigkeit verschlechtern sich bei nicht-synchronisierten blinden Menschen am stärksten, wenn ihre wache Zeit mit der biologischen Nacht zusammenfällt.5 Dies ist nicht nur eine Konsequenz des schlechten Schlafs. Dies ist auch auf einen aktiven endogenen Prozess zurückzuführen, der Schläfrigkeit und Schlaf entsprechend der inneren zirkadianen Zeit und unabhängig vom sozialen Tag fördert.5

 

Referenzen:

1. Uchiyama M & Lockley SW. Non-24-hour sleep-wake rhythm disorder in sighted and blind patients. Sleep Med Clin 2015;10:495-516.
2. Abbildung basiert auf Studiendaten.
3. Lockley SW et al. Tasimelteon for non-24-hour sleep-wake disorder in totally blind people (SET and RESET): two multicentre, randomised, double-masked, placebo-controlled phase 3 trials. Lancet 2015;386:1754-1764.
4. Lockley SW et al. Sleep and activity rhythms are related to circadian phase in the blind. Sleep 1999;22:616-623.
5. Lockley SW et al. Visual impairment and circadian rhythm disorders. Dialogues Clin Neurosci 2007;9:301-14.
6. Barion A & Zee PC. A clinical approach to circadian rhythm sleep disorders. Sleep Med 2007;8:566-577.
7. Lockley S et al. Alertness, mood and performance rhythm disturbances associated with circadian sleep disorders in the blind. J Sleep Res 2008;17:207-216.
8. American Psychiatric Association. Diagnostic and statistical manual of mental disorders, 5th ed. Washington, DC: American Psychiatric Publishing 2013.
9. Rose M & Giray N. Universal fatigue management strategies. Sleep Med Clin 2013;8:255-263.
10. Daley M et al. Insomnia and its relationship to health-care utilization, work absenteeism, productivity and accidents.Sleep Med 2009;10:427-438.
11. Bolge SC et al. Association of insomnia with quality of life, work productivity, and activity impairment. Qual Life Res 2009;18:415-422.
12. Belenky et al. Patterns of performance degradation and restoration during sleep restriction and subsequent recovery: a sleep dose-response study. J Sleep Res 2003;12:1-12.